19. Dezember 2023
Grado
Alle Jahre wieder …
Ein guter Freund meinte einmal zu mir, dass wir trotz allen äußeren Einflüssen innerlich immer noch mit dem Lauf der Jahreszeiten verbunden sind. So sei es besser zu Jahresbeginn neue Pläne zu schmieden, damit sie dann wie die Pflanzen im Frühling gedeihen können. Einleuchtend! So fuhren wir Anfang dieses Jahres nach Grado zur Klausur. Die italienischen Strände „fuori stagione“ üben auf uns eine magische Anziehung aus. Wir genießen die langen Strandspaziergänge und die leeren Gassen, während zur selben Zeit daheim der Wintertourismus boomt. Wir nehmen uns ein paar Tage zum Reflektieren, holen die Notizen vom Vorjahr hervor, wir schmieden Pläne und lassen unseren Ideen freien Lauf. Das geht bei frischer Luft und langen Spaziergängen bekanntlich wohl am besten. Und wir fotografieren.
Grado schien uns geschickt gelegen und wir fanden im Grand Hotel Astoria ein Unterkunft. Wir erwarteten uns eigentlich ein ähnliches Bild wie damals in Jesolo. Aber wie es eben mit den Erwartungen so ist, treffen sie in seltensten Fällen zu und als wir uns am ersten Morgen nach der Ankunft in einem vollen und lauten Speisesaal wiederfanden, standen wir perplex da. Woher kamen die ganzen Menschen? Der Strand am Vortag war doch leer gewesen, lediglich an der Promenade saßen einige Sonnenanbeter:innen. An der Rezeption beantworteten sie achselzuckend unsere Neugierde damit, dass diese Woche seit einigen Jahren populärer sei als Ferragosto!
Die Wenigsten der Sonnenanbeter:innen, vorwiegend aus Österreich, verirrten sich an den Strand. Diesen hatten wir so fast für uns allein und entdeckten alsbald auch unsere Fotomotive wieder, die wir diesmal mit der Hasselblad 503 auf Kodak Portra 400 fotografierten. Das schmucke und idyllische Städtchen, passend zur Jahreszeit weihnachtlich geschmückt, ist besonders und allenfalls eine Reise wert. Und wir nehmen für uns wieder diese tiefe Ruhe, diese Weite, diese Einsamkeit mit, von der wir dann unterm Jahr, wenns wieder mal lauter, voller und hektischer wird, zehren können.
Wohin uns die Klausur im nächsten Jahr führen wird, wissen wir nicht genau, diesmal lassen wir die Erwartungen aber zuhause. Eure Caro
© Fabian Haspinger, 2023